Sexuelle Gewalt
Fakten
Das Motiv sexualisierter Gewalt ist primär nicht Sex, sondern Macht, Kontrolle und Unterdrückung. Bei allen Formen sexualisierter Gewalt handelt es sich nicht um gewalttätige Formen von Sexualität, sondern um Gewalt, in der Sexualität benutzt wird.
- Sexuelle Handlung ist nur ein Teilaspekt krimineller Handlung
- Risikofaktor für sexualisierte Gewalt ist in erster Linie das Geschlecht
- Frauen haben ein fünfmal höheres Risiko als Männer
- Opfer sexueller bzw. sexualisierter Gewalt kann jede Frau werden – unabhängig von ihrem Alter, ihrem Aussehen oder ihrem sozialen Status
- Opfer-Täter-Beziehungen in Fällen von sexualisierter Gewalt
- Die Täter sind selten Fremde
- Es sind Freunde, Bekannte, Partner und Ehemänner, Väter, Brüder, Kollegen….
Im Bereich der organisierten Kriminalität ist die Zahl der Opfer sexualisierter Gewalt kaum mehr abzuschätzen. Frauen werden verschleppt, vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen, ebenso Kinder, die zum Missbrauch angeboten und verkauft werden, nicht selten für die Herstellung von Kinderpornografie.
Im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität stehen vielfach auch Sekten und Kulte, in denen Frauen und Kinder rituelle Gewalt in unvorstellbarem Ausmaß erleiden müssen. Das Ausmaß sexualisierter Gewalt wird zudem in Kriegen deutlich, wo Vergewaltigungen von Mädchen und Frauen als Kriegswaffe systematisch eingesetzt werden.
Zahlen
- Jede dritte Frau in Europa hat als Erwachsene körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren.
- In Deutschland sind es 40 Prozent der Frauen. Sie sie sind geschlagen, geohrfeigt, getreten und sexuell belästigt worden.
- 13 Prozent Frauen haben seit dem 16. Lebensjahr strafrechtlich relevante Formen sexueller Gewalt erlebt. Sie sind sexuell genötigt, zum Sex gezwungen, vergewaltigt worden.
Das Ausmaß sexualisierter Gewalt verdeutlicht, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt und bei den Tätern in der Regel nicht um psychisch kranke, „triebgestörte“ oder „perverse“ Täter. Bei den wenigsten Sexualstraftätern wird eine psychische Störung festgestellt, die im Zusammenhang mit der Tat steht. Vielmehr sind die Täter meist «ganz normale Männer».
- Nur 20 Prozent der Vergewaltigungen, die bei der Polizei angezeigt werden, spielen sich „überfallartig“ in der Öffentlichkeit ab
- Überwiegend finden Vergewaltigungen dort statt, wo Mädchen und Frauen sich sicher fühlen sollten – im gewohnten Umfeld, am Arbeitsplatz oder in der eigenen Wohnung.
- In 67 Prozent der Fälle sind die Täter dem Opfer bekannt
- In 25 Prozent handelt es sich um den Partner oder Ex-Partner
- Maximal 20 Prozent alles Sexualstraftaten werden angezeigt
Individuelle Ursachen für den geringen Prozentsatz von Anzeigen sexualisierter Gewalt sind
- Scham
- Angst vor dem Täter
- Angst vor Stigmatisierung
- Angst vor Zurückweisung
- Angst vor respektlosen Reaktionen
- Angst für die Tat verantwortlich gemacht zu werden
Gesellschaftliche Hindernisse
„Vergewaltigungsmythen“
Das sind falsche, stereotype Annahmen über sexualisierte Gewalt, die auf Vorurteilen basieren, und die eine opferfeindliche und misstrauische Haltung (der Polizei, der Justiz, aber auch der Psychotherapie) begünstigen, und die nicht unbedingt bewusst sein müssen.
Folgen
Schwerwiegende gesundheitliche Folgen, psychische und körperliche Erkrankungen, posttraumatische Belastungsstörungen.
Recht
Sexuelle Gewalt gegen Erwachsene im deutschen Strafrecht.
§ 177 StGB Abs 2,3, und 4 (Vergewaltigung und sexuelle Nötigung) und § 178 StGB (Vergewaltigung und sexuelle Nötigung mit Todesfolge)
Seit 1977 wird auch die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gesetzt. „Nein heißt Nein“ - Verschärfung des Sexualstrafrechts 2017
Während bislang ein Nachweis physischer Gewaltandrohung oder Gewaltausübung für den Tatbestand einer Vergewaltigung nach § 177 StGB erforderlich war, ist nun ein eindeutig geäußertes Nein des Opfers ausreichend.
Sexuelle Belästigung
Belästigung, Bedrohung und Angst vor Übergriffen durch Männer gehört für viele Frauen zum Alltag. Beängstigende Situationen können im öffentlichen Raum, in der Schule, am Arbeitsplatz, in Verkehrsmitteln, auf der Straße und sogar in der eigenen Wohnung entstehen.
Dazu gehören z.B. taxierende Blicke, Pfiffe, Bemerkungen über die Figur / das Aussehen, obszöne Witze, „zufällige“ Berührungen sowie Angrapschen insbesondere an Brust und Po, oder auch Pornografie sowie erniedrigende Darstellungen in der Werbung und in den Medien.
Auch „Verehrer“ oder abgewiesene Freunde, die Frauen oder Mädchen mit „Liebesbeweisen“ traktieren oder sie verfolgen, überschreiten die Grenze zur Belästigung oder Bedrohung (siehe auch Stalking).
Die oben genannten Beispiele sind so alltäglich, dass sie vielen Menschen als „normal“ und „typisch männliches“ Verhalten erscheinen. Entscheidend ist jedoch, dass sich die betroffene Frau bzw. das betroffene Mädchen in dieser Situation höchst unwohl fühlt. Frauen und Mädchen haben ein Recht darauf, dass ihre persönlichen Grenzen respektiert werden.
Mädchen und Frauen sind an sexuellen Belästigungen nicht schuld, und es handelt sich auch nicht um Bagatellen. Sexualisierte Übergriffe im Alltag gehören zwar zur Erfahrung fast aller Mädchen und Frauen, Sie sind jedoch genauso wenig individuelles Schicksal wie alle anderen Formen sexualisierter Gewalt.
Folgen
Scham- und Schuldgefühle, oft Ärger darüber, sich nicht gewehrt zu haben. Erfahrungen von sexueller Belästigung oder Bedrohung können dazu führen, dass Frauen sich isolieren und aus Angst vor möglichen Übergriffen nicht mehr oder eingeschränkt am öffentlichen Leben teilnehmen. Dieser Rückzug verstärkt in vielen Fällen vorhandene Ängste.
Was tun?
Es kann sehr hilfreich sein, über sexuelle Belästigungen und Bedrohungen zu sprechen. Wichtig ist auch, dass Frauen aufeinander achten, sich gegenseitig unterstützen Unterstützung durch Freundinnen und Freunde. Professionelle Unterstützung durch Mitarbeiterinnen von Frauennotrufen oder Frauenberatungsstellen.
Vorbeugung
- Bewusstsein für potenziell bedrohliche Situationen schärfen
- Eigene Wahrnehmung ernst nehmen
- Möglichkeiten der Gefahrenvermeidung und Abwehr trainieren
- Selbstbewusstes und selbstsicheres Auftreten von Frauen und Mädchen
- Training In speziellen Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskursen
- Jede Frau kann individuelle Strategien entwickeln, eigene Stärken, auch körperliche, kennen lernen und ihr Sicherheitsgefühl stärken